Die Westküste der Südinsel

Regen… so schlechtes Wetter über eine so lange Zeit sind wir uns nicht gewohnt. Es ist auch kalt, für unsere Verhältnisse zumindest. Wir fahren der wilden Westküste entlang nach Süden. Steinige Strände wechseln sich ab mit schroffen Klippen und grosse Wellen rollen auf die Küste zu. Wir kommen nur langsam voran, da der Highway eine schmale und sehr kurvenreiche Strasse ist. Für Töff-Ferien wäre das sicher super. Dank des gemächlichen Tempos können wir dafür viel mehr von der Natur um uns herum aufsaugen. Die Wälder hinter den Stränden sind  dicht gewachsen und von auffallender Vielfalt. Es hat überall grosse Baumfarne dazwischen, die wie Palmen wirken. Wir haben noch nie so viele verschiedene Grüntöne gesehen, wie auf den Wiesen und in den Wäldern in Neuseeland.
Unser erster längerer Halt ist im Paparoa Nationalpark. Hier gibt es die Pancake-Rocks und Blowholes zu sehen. Das Gestein ist in perfekt waagrechten Schichten angeordnet. Das Meer und der Regen haben den Fels in allen möglichen und unmöglichen Formen ausgewaschen und dabei Brücken, Schluchten, Türme und Schlote hinterlassen. Das Wasser donnert an die Felsen und schiesst durch Schlote hinauf um in feinem Sprühregen wieder sichtbar zu werden. Der Klang dieses Ortes alleine wäre schon beeindruckend, die Blaslöcher und Gesteinsformen lassen einen richtiggehend die Zeit vergessen. Wir stehen zum Teil ewig an einem Ort und warten immer wieder auf die nächste grosse Welle, die das Wasser wie aus dem Atemloch eines Wals, 10 m über dem Meeresspiegel aus der Erde spritzen lässt. Von den vielen Touristen, die in Rudeln aus den grossen Cars an der Strasse ausgeladen werden, darf man sich nicht stören lassen. Wir gehören ja auch zu dieser, mit Fotoapparaten bewaffneten Spezies, auch wenn uns das manchmal fast unangenehm ist. Unterdessen schaut sogar die Sonne zwischen den Wolken hindurch.

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Sehr zu empfehlen ist der Punakaiki-Pororari River Loop, eine kleine Wanderung durch den dichten Wald hinter der Küstenstrasse. Der gut gepflegte Weg führt entlang von kleinen und grösseren Wasserläufen, die immer wieder wunderschöne Ausblicke ermöglichen. Die Bäume sind mit verschiedensten Moos- und Flechtenarten bewachsen, eine wirklich interessante Vegetation. An einer Stelle muss der Fluss mit Hilfe einer Hängebrücke überquert werden. Maja muss sich vor diesen schaukelnden Bauten jeweils kurz sammeln, als Kind hatte sie fast panische Angst vor diesen Flussüberquerungen.

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Über Greymouth und den schönen Lake Brunner, wo wir die Nacht verbringen, fahren wir zum Arthur’s Pass. Die Strasse verbindet die Westküste mit der Ostküste, an der schmalsten Stelle der Südinsel. Sie führt durch ein meist breites Tal zwischen den Bergen hindurch. Der Flusslauf neben der Strasse nimmt viel Platz in Anspruch für seine Mäander und das Ufer leuchtet lila von den vielen Blumen. Wir haben im Moment noch nicht vor die Küsten zu wechseln, sondern möchten die Aussicht von den Bergen aus geniessen. Unser Ziel ist die Bealey Spur Hut, eine ehemalige Schäferhütte. Der Boden auf der ganzen Wanderung ist ganz weich und sehr angenehm zum Gehen. Zum Teil wird er zu Sumpf, aber meist sind an diesen Stellen Holzstege, „Prügäl“ oder Steine platziert, so dass man mit etwas Geschick gut passieren kann.

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Das Wetter hat sich auch gebessert und wir hoffen ohne Regenschauer oben anzukommen. Maja hat leider nicht ihren besten Tag erwischt und kämpft sich mehr schlecht als recht den steilen Weg hinauf. Kurz vor der Hütte hat man ein unglaubliches Panorama über den ganzen Pass. Da ist der anstrengende Aufstieg sofort vergessen. Die lustige Wellblechhütte steht gut geschützt in einer Waldlichtung und bietet auf engstem Raum Platz für 6 Personen zum Übernachten. Bei schönem Wetter ist es sicher ganz gemütlich, denn vor der Hütte hat es eine Feuerstelle und etwas entfernt ein Plumpsklo. Wir geniessen die Einsamkeit und die Sonne, die immer wieder durch die Wolken drückt. Beides hatten wir in Neuseeland noch nicht oft. Wertvolle Momente die bleiben. Die schwarzen Wolken am Himmel sind fast komplett verschwunden.

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Nachdem wir uns im Gästebuch verewigt haben, steigen wir auf gleichem Weg ab und geniessen die wirklich schöne Aussicht nochmals in vollen Zügen. Wahnsinn!

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Wir haben noch nicht genug von den Bergen und fahren der Westküste entlang weiter südlich bis nach Franz Josef. Der Österreichische Kaiser hat nicht nur seinen Namen auf der Insel hinterlassen, sondern auch Gämsen, die heute ein Problem für die empfindliche Vegetation der Berge darstellen. Der Ort ist ein Mekka für Wanderer. Unsere Anreise ist wie oft in den letzten Tagen vom Himmel begossen worden, doch wir hoffen auf Besserung für die Wanderung von Morgen. Im Infocenter vom Department of Conservation (DOC), welches für die Nationalparks zuständig ist, wird unsere Hoffnung zu Nichte gemacht. Die nette Dame hinter dem Tresen präsentiert uns das Wetter der kommenden Tage und prognostiziert drei Tage Regenwetter. Unsere Stimmung passt sich dem sofort an. Die morgige Wanderung zu einem Aussichtspunkt auf den gewaltigen Franz Josef Gletscher ist damit ins Wasser gefallen. Zur Aufmunterung gehen wir in ein gemütliches Restaurant und überlegen uns ein Schlechtwetterprogramm. Erst spät gehen wir zu Bett und stellen auch keinen Wecker. Wozu auch…
Als wir die Augen am nächsten Morgen aufschlagen, blinzeln wir in die Sonne! Neeeeein! Blauer Himmel! Wie kann das sein? Päde ist sofort hellwach und macht Frühstück. Er motiviert mich trotz fortgeschrittener Stunde, die geplante Wanderung durchzuführen und spontan zu schauen wie weit wir kommen. Vermutlich wird es im Verlaufe des Morgens wieder schlechter werden. Um 9:30 Uhr, für uns eher spät für eine Wanderung, gehen wir los. Die Sonne scheint fröhlich durch das Blätterdach des Waldes. Beim ersten Aussichtspunkt sehen wir, dass sich bereits wieder dichte Wolken über den Gipfeln gesammelt haben, doch wir erhaschen noch einen kurzen Blick auf den untersten Teil des Franz Josef Gletscher.

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Wie sich herausstellen wird, war es der einzige schöne Ausblick der uns heute gewährt wird. Kurze Zeit später werden wir von den Wolken verschluckt und beim nächsten Aussichtspunkt sehen wir nichts mehr. Wir gehen trotzdem noch etwas weiter da sich der Wald  beim Höhersteigen markant verändern soll. Bald schon werden die Bäume niedriger und mehr Buschwerk säumt den Wegrand. Eigentlich eine zu erwartende Veränderung… wie auch immer… es wird immer kälter und feuchter im Nebel und wir verlieren die Lust bis zum Gipfel zu gehen um dort ins Weisse zu starren. Nach knapp drei Stunden unterwegs drehen wir um und kommen leider nicht mehr so recht aus dem Nebel heraus. Trotzdem hat es uns gut getan etwas unterwegs zu sein und wir freuen uns im Nachhinein über den gestern noch unverhofften Blick auf den Gletscher.

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Zu unseren Schlechtwetterplänen von Gestern gehörte ein Wildlife Center in welchem Kiwis gezüchtet werden. Maja möchte es gerne besuchen um das Nationaltier von Neuseeland wenigstens einmal zu Gesicht zu bekommen. Das scheue und nachtaktive Tier ist nur hier in Neuseeland anzutreffen – wobei es eben eigentlich gar nicht anzutreffen ist. Man braucht unheimlich viel Glück und vermutlich eine Nachtwanderung. Die süssen flugunfähigen Vögel sind seit der Besiedlung durch Europäer sehr gefährdet und einige Arten bereits vom Aussterben bedroht. Die Siedler setzten Wiesel aus um den Bestand der Hasen zu regulieren, welche sie ironischer Weise auch selber ausgesetzt hatten. Leider fanden die Wiesel bald heraus, dass junge Kiwis eine einfachere Beute sind als flinke Karnickel und stellten ihren Menüplan spontan um. Da Neuseeland die Insel der Vögel war (die einzigen Säugetiere waren drei Arten von Fledermäusen), sind die Kiwis von Natur aus nicht so gut gegen Feinde auf dem Boden gewappnet und manche Arten schaffen es nicht mehr ihren Fortbestand selber zu sichern. Im Wildlife Center werden aus dem Nationalpark gesammelte Eier ausgebrütet und die Jungtiere so lange in einem sicheren Gebiet gehalten, bis sie gross genug sind um sich gegen Angreifer eher verteidigen zu können (ca. ein Jahr alt und ein Kilogramm schwer). Im Center kann man in einem Dunkelraum, wo der Tag/Nacht Rhythmus umgedreht wurde, den Vögeln beim fressen zusehen. Neben den vielen Informationen zu den Kiwis hat es eine interessante Ausstellung zum Thema Gletscher. Messungen des DOC zeigen, dass der Franz Josef- und der Fox-Gletscher im Moment noch wachsen. In etwa 50 Jahren werden die meisten Gletscher in Neuseeland aber auch verschwunden sein.

Es geht langsam auf Weihnachten zu und wir haben geplant in Queenstown zu feiern. Auf der Fahrt zum Fjordland machen wir einen kurzen Stopp bei den Blue-Pools. Eine gute Gelegenheit die Beine zu vertreten. Mit einem kleinen Spaziergang kommt man zu einer Hängebrücke (die mögen hier offensichtlich Hängebrücken *g*) und dann zu einem tiefen Becken im Fluss, wo das Wasser wunderschön blau in der Sonne leuchtet. Ja! Die Sonne scheint und wärmt uns!

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Die Nacht verbringen wir am Lake Wanaka. Für uns ist es der bis anhin schönste Platz zum frei campieren. Wir stehen leicht erhöht direkt am Wasser und haben eine tolle Aussicht auf die Bergkette am gegenüberliegenden Ufer. Einziger Wehrmutstropfen sind die Nerven tötenden und schmerzenden Sandfliegen. Die Biester stechen nicht, sondern beissen ein Loch in die Haut und schlürfen das Blut daraus. Prost! Sie brauchen natürlich auch eine juckende Flüssigkeit die das Blut liquide macht und dich in den kommenden zwei Tagen in den Wahnsinn treibt. Zum Glück gibt es Insektensprays (Anti-Brumm-hoch-10) die uns etwas schützen. Trotzdem finden sie immer wieder einen Fetzen Haut um ihre Beisserchen reinzuhauen… Autsch!
Irgendwann haben wir genug und verziehe uns in den Camper, der wie wir feststellen müssen auch nicht mehr uns alleine gehört. Nach einer erfolgreichen Jagd nach den zum Glück eher behäbigen Sandfliegen und einem kleineren Blutbad, (vermutlich unser eigenes Blut!) geniessen wir den schönen Abend und den Sonnenuntergang durch die Fenster unseres Campers. Auch schöööön…

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Das Landschaftsbild hat sich hier schon merklich verändert. Es ist ödes Grasland ohne Wald. Über den höchstgelegenen asphaltierten Pass von Neuseeland fahren wir nach Queenstown, Die Strasse ist eng und kurvenreich, links und rechts erheben sich braune mit Grasbüscheln bewachsene Hügel die uns die Sicht verdecken. Plötzlich öffnet sich das Tal und wir sehen über viele Hügel hinab bis nach Queenstown und den Lake Wakatipu.
Im Ort selber werden wir fast erschlagen von den Menschenmassen und dem vielen Verkehr. Mit viel Glück (einmal mehr! Wir sind so gesegnet!) bekommen wir auf dem Campingplatz noch eine freie Ecke zugewiesen. Hmm… duschen… sich frisch fühlen… super!

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